Wie der Islam die Politik des nahen Ostens bestimmt

Die imperialen Bestrebungen von Frankreich und Großbritannien im Nahen Osten führten dazu, dass muslimische Denker auf der Bildfläche erschienen. Diese waren der Meinung, dass der Islam eine Reihe von politischen und gesellschaftlichen Problemen lösen könne.

Im heutigen Saudi-Arabien trat ein Mann auf, welcher die Region ganz besonders prägen sollte: Mohammed Ibn Abd al-Wahhab (1703-1792). Al-Wahhab war der Gründer einer sehr konservativen Auslegung des sunnitschen Islam (Wahhabismus).

Er war der Meinung, dass es wichtig sei zum frühen Islam zurückzukehren. Islamische Vorschriften sollten 100-prozentig umgesetzt werden und die meisten Neuerungen wurden abgelehnt.

Aus seinem Namen leitet sich der heute in Saudi-Arabien herrschende „Wahhabismus“ ab.

Eine damals bereits mächtige Familie, die Sa’ud, sagten al-Wahhab zu, dass sie seinen Glaube beschützen und verbreiten würden. Im Gegenzug sollte al-Wahhab die Sa’ud als rechtmäßige Führer in Saudi-Arabien proklamieren.

Durch den Salafismus versucht Saudi-Arabien den Wahhabismus zu verbreiten. Denn auch der Salafismus orientiert sich an den Ur-Islam. Vorbild ist das Leben in den frühen islamischen Gemeinschaften. Salafisten suchen in den Schriften des Islam nach Regeln und Lösungen für sämtliche Lebensbereiche. Diese abgeleiteten Regeln rufen besonders bei Europäern oft Verwunderung hervor.

Die Besatzung der Sowjetunion in Afghanistan

Als die Sowjets weite Teile Afghanistans besetzten, entwickelten sich in der Region verschiedene Gruppen von Widerstandskämpfern.

Eine dieser damaligen Gruppen wurde später zu einer der bekanntesten Terrororganisation der Welt. Al-Qaida wurde 1988 von Osama Bin Laden gegründet. Die Organisation wurde aber auch von den USA massiv mit Waffen und Geld unterstützt.

Warum?

Weil die Amerikaner, erstens, die Sowjets nicht in Afghanistan sehen wollten. Zweitens es ist deutlich einfacher gewaltbereite Gruppen mit Waffen auszustatten und diese kämpfen zu lassen, als eigene Soldaten in den Krieg zu schicken. Drittens, Guerilla Krieger sind oft deutlich effektiver, als eine herkömmliche Armee.

Al-Qaida propagierte den Dschihadismus. Dschihad heißt wörtlich so viel wie „Anstrengung“ und ist eine Gewaltstrategie, die auch das Töten von Zivilisten und andere Muslime, die nicht der eigenen Glaubensvorstellung folgen, einschließt.

Dschihadisten sehen sich selbst im „heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen. Auch die Schiiten, die andere große Gruppe der Muslime, gelten bei den Dschihadisten als Ungläubige oder Abtrünnige.

Leider prägt diese verschwindend kleine Gruppe der Muslime gerade im Westen ein Bild vom gewaltsamen Islam. Doch muss immer wieder betont werden, dass die allermeisten Muslime absolut friedlich und tolerant leben!

Auch andere Islamistengruppen, wie die Muslimbruderschaft lehnen Gewalt mehrheitlich ab. Sie wollen ihre eigene Gemeinschaft nicht durch Gewalt nach vorne bringen, sondern durch Bildung, Sozialeinrichtungen und Wirtschaftsförderung weiterentwickeln. Doch sind die Muslimbrüder derzeit in Ägypten als Terrororganisation eingestuft und verboten.

Weitere Hintergründe zu dem Umsturz in Ägypten und den Muslimbrüdern werde ich in der nächsten Zeit recherchieren und in Beiträgen hier im Blog teilen.

Islamischer Modernismus

Jamal ad-Din al-Afghani (1839-1887) und Mohammed Abdul (1849-1905) waren beide Vertreter des islamischen Modernismus. Beide versuchten die islamischen Quellen neu zu interpretieren und die Regeln und Vorschriften an ihre Zeit anzupassen.

Denn al-Afghani und Abdul versuchten ihre Region gegen die europäischen Kolonialmächte zu stärken. Die Kolonialmächte waren dem Nahen Osten nämlich ökonomisch, politisch und militärisch sehr überlegen.

Ihr Ziel war es nun die westlichen Neuerungen wie Militärwesen, Demokratie und moderne Wissenschaft mit dem Islam in Einklang zu bringen. Nur so wäre es möglich, so glaubten sie, den Nahen Osten gegenüber den Westen zu stärken.

Nach dem ersten Weltkrieg dehnten die Briten und Franzosen ihren Einfluss im Nahen Osten aus. Nun besetzten sie auch die ostarabischen Staaten und förderten massiv die jüdische Besiedlung Palästinas und die Staatsgründung Israels.

Dies war natürlich ganz und gar nicht im Interesse der Muslime, die in Palästina zurückgedrängt und unterdrückt wurden. Mit der Gründung Israels wurde der jüdische Glauben in der Region gefestigt und besonders die Gebiete Palästinas bedroht. Noch heute tobt der Konflikt zwischen Palästina und Israel.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhundert konnten die meisten arabischen Staat ihre Unabhängigkeit erlangen. Zunächst übernahmen in vielen der Länder nationalistische und sozialistische Regime die Macht.

Sie herrschten allerdings oft autoritär und konnten ihre Versprechen von Freiheit, Gerechtigkeit, Fortschritt und wirtschaftlichen Aufstieg nicht erfüllen.

Einmischung westlicher Staaten

Wobei man auch sagen muss, dass rückblickend die autoritären Führungen die Länder stabilisierten. Schaut man sich beispielsweise Libyen an, dessen Führer Muammar al-Gaddafi, sicherlich ein Diktator war, der aber dennoch für Stabilität sorgte. Nach den Angriffen Frankreichs und dem Tod Gaddafis geht das Land allerdings im Chaos unter.

Auch wenn uns Europäer die arabischen Systeme oft befremdlich vorkommen, so dürfen nicht glauben, dass wir diesen Ländern unsere Werte und unser System aufzwingen dürfen. Dieser Fehler führt zu Krieg, Zerstörung, Verelendung und Hunger. Beispiele hierfür gibt es viele, die ich demnächst ausführlich vorstellen werde.

Die Einmischung des Westens führte dazu, dass sich viele Muslime bedroht fühlen. Es kam zur Bildung von islamistischen Gruppen, die die von dem Westen (bzw. Sowjetunion) unterstützten „korrupten“ Regierungen verurteilten und einen Zerfall moralischer Werte sahen.

Viele Länder des Nahen Ostens wollten weder zum Westen noch zum Osten gehören. „Weder West noch Ost“ lautete ein Spruch während der iranischen Revolution von 1979.

Mit der iranischen Revolution wurde zum ersten mal ein islamisches politisches System in der Neuzeit aufgebaut. Die Islamische Republik Iran entstand. Dieser schiitischer Staat stellt das Gegengewicht zu dem sunnitischen Staat Saudi-Arabien dar.

Bis im Jahre 2011 der sogenannte „Arabische Frühling“ die Region nachhaltig veränderte, blieben sunnitisch-islamistische Parteien in den meisten arabischen Ländern verboten oder unter Kontrolle der Regierung.

Die Muslimbruderschaft beteiligte sich in Tunesien, Ägypten und Marokko an Protesten gegen die autokratischen Herrscher der Länder. Besonders die Muslimbruderschaft, aber auch andere islamistische Gruppen genießen hohes Ansehen in der Region, weil sie sich oftmals sozial engagieren und als Reformer angesehen werden.

Sehr konservativen Gruppen, wie den Salafisten, ist eine Veränderung der Traditionen ein Dorn im Auge. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die vielen unterschiedlichen radikalen und gemäßigten Gruppen verhalten werden, aber auch wie der Westen, durch seine oftmals radikale Politik im Nahen Osten, die Region verändern wird.

Saudi-Arabien und der Wahhabismus

Nur wenige Länder auf der Welt haben zwei so unterschiedliche Seiten. Durch die riesigen Erdöl-Vorräte des Landes, konnte Saudi-Arabien aus dessen Erlösen eine hochmoderne Wirtschaft aufbauen. Saudi-Arabien verkauft sein Erdöl in die ganze Welt und zeigt sich hier sehr offen, wenn es um Geschäftsbeziehungen geht.

Aber andererseits ist Saudi-Arabien auch sehr verschlossen und gilt als extrem konservativ, denn der Wahhabismus ist in dem Land Staatsreligion.

Wollen wir uns zunächst einmal die Geschichte Saudi-Arabiens näher anschauen.

Geschichte Saudi-Arabiens

Im Jahre 1932 gelang es der Familie Sa’ud unter ihrem Oberhaupt Abd al-Aziz, zum dritten mal seit dem 18. Jahrhundert, einen Zentralstaat auf der Halbinsel zu errichten.

Im Jahre 1744 sicherte sein Vorfahre und Dynastiegründer dem islamischen Reformer Mohammed Ibn Abd al-Wahhab zu, seine Religionsauslegung als einzig Richtige anzunehmen.

Von nun an bemühte sich die Familien diese Religionsauslegung zu schützen und zu verbreiten.

Mohammed Ibn Abd al-Wahhab war somit der Gründer des nach ihm benannten Wahhabismus.

Al-Wahhab gründete seine Religion auf die extrem konservativen Schriften des islamischen Gelehrten Ibn Taimiya (1236-1328). Taimiya forderte die Rückkehr zum ursprünglichen Glauben.

Nur was im Koran und der Sunna steht, sei seinen Aussagen nach legitim. In der Sunna werden verschiedene religiöse Normen für Muslime beschrieben.

Seiner Meinung nach sollten diese Regeln besonders in den Städten Mekka und Median gelten. Beide Städte gelten als die Bedeutendsten für Muslime.

Damit Al-Wahhab sein Vorhaben verwirklichen konnte, benötigte er Hilfe. Diese fand er in Form der Familie Al Sa’ud und war bereit der Familie bei Ihren Expansionsbestrebungen zu unterstützen.

Von da an proklamierte Al-Wahhab die Al Sa’ud als die einzig rechtmäßige Herrscherfamilie. Während die Al Sa’ud im Gegenzug den Wahhabismus beschützen und verbreiten.

Bis heute kann die Familie auf die Unterstützung der hohen Geistlichen setzen. Die Geistlichen sind zwar kaum in der Alltagspolitik aktiv, bestimmen aber wichtige Inhalte der Gesetzgebung. Zudem überwachen sie die Einhaltung der wahhabitischen Normen.

In Saudi-Arabien gilt aus dieser geschichtlichen Vergangenheit der Koran und die Sunna offiziell als Verfassung. Besonders für die Sunniten spielt Saudi-Arabien außerdem eine wichtige Rolle, als „Hüter der Heiligen Stätten“ Mekka und Medina.

Fluch und Segen: Zwischen Tradition und Moderne

Der Anspruch der Sa’ud das Land zu führen, ergibt sich aus der Einhaltung des Wahhabismus. Aus diesem Grund sind alle Könige der Familie darauf angewiesen, dass die Geistlichen und auch die Untertanen sehen, dass die Königsfamilie ihren Glauben beschützt.

Das Königshaus möchte zum einen Saudi-Arabien zu einem weltoffeneren Staat machen, denn gerade wirtschaftlich profitiert das Land von der Globalisierung enorm. Dennoch darf die Kritik der Geistlichen an das Königshaus nicht zunehmen, da so die Grundlage der Macht der Sa’ud schwindet.

Schwierig gestaltet sich für die Königsfamilie auch Beziehungen zu Nicht-Muslimen zu pflegen. So töten die Amerikaner im großen Stil Muslime im Kampf gegen den Terror und gleichzeitig macht Saudi-Arabien Geschäfte mit den USA.

Vielen Gläubigen in Saudi-Arabien ist diese ein Dorn im Auge. Hieraus sind verschiedene Terrororganisationen entstanden, die genau gegen jenen Westen kämpfen, der die Sunnitische Kultur verdrängen möchte.

So stammten 15 der 19 Attentäter am 11. September 2001 aus Saudi-Arabien und auch der damalige Anführer der Al-Kaida, Osama Bin Laden, war ein Saudi.

Neben der sehr Gläubigen Bevölkerung gibt es in Saudi-Arabien auch einen Teil der Gesellschaft, denen die Abkehr vom konservativen Glauben viel zu langsam von Statten geht.

Privatunternehmer, Manager, Techniker und Spezialisten der Erdölindustrie fordern einen moderneren Staat mit mehr bürgerlichen Freiheiten. Denn so können sie selbst mehr Geld verdienen.

Eine schwierige Situation also für die Sa’ud, wenn sie allen Gruppen der komplexen Gesellschaft gerecht werden wollen.

Eigenarten in Saudi-Arabien

Diese widersprüchlichen Ansichten führen zu verschiedenen Eigenarten. So gibt es in Saudi-Arabien die Mutauwa, eine Sittenpolizei, die islamkonformes Verhalten in der Öffentlichkeit kontrolliert.

Frauen werden in dem Land zudem kaum Rechte zugesprochen und bei vielen Dingen müssen die Männer, als Vormund der Frau, ihr Einverständnis geben.

Im Gegensatz dazu ist der technische Fortschritt auch in Saudi-Arabien angekommen. So ist das Land besondern in der Kommunikation und Infrastruktur auf einem sehr hohen Niveau.

Saudi-Arabien als Führungsmacht im Nahen Osten

Saudi-Arabien selbst sieht sich als Führungsmacht im Nahen Osten und kann dabei besonders auf die Unterstützung der USA zählen. Die USA wiederum sind massiv von der Erdölexporten der Scheichs angewiesen.

Nach dem Tod Abdullah’s ist nun seit dem 23. Januar 2015 Salman ibn Abd al-Aziz König und Premierminister Saudi-Arabiens. Es bleibt abzuwarten, wie Salman den Spagat zwischen Tradition und Moderne schafft.

Abdullah hat es geschafft Saudi-Arabien behutsam zu einem bedeutenden und moderneren Staat zu entwickeln, ohne die Unterstützung der Geistlichen zu verlieren.

Wie du sehen konntest, ist die Herrscherfamilie in Saudi-Arabien sehr abhängig vom Wahhabismus. König Salman muss beweisen, dass er die Unterstützung der Geistlichen behält und gleichzeitig Saudi-Arabien gesellschaftlich und wirtschaftlich weiterentwickeln kann.

Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten

Der Islam lässt sich im Wesentlichen in zwei große Strömungen unterschieden: Den Sunniten und Schiiten.

Leider wissen aber nur die Wenigsten, worin sich diese beiden großen Gruppierungen unterschieden und warum es häufig zu Konflikten kommt.

Auch um den nahen Osten als Ganzes zu verstehen, ist es unerlässlich, die verschiedenen Religionsgruppen der Region zu verstehen.

In diesem Beitrag wollen wir die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der Sunniten und Schiiten genauer ansehen. Aber auch den Islam insgesamt wollen wir besser verstehen.

Wo auf der Welt gibt es Sunniten und Schiiten?

Die folgende Karte zeigt die Verteilung der Sunniten und Schiiten auf der Welt. Der grüne Bereich stellt dabei Länder dar, in denen die Bevölkerung hauptsächlich sunnitischen Glaubens ist.

Die roten Gebiete sind schiitische Gebiete und Blau kennzeichnet das Gebiet der Ibaditen, auf die hier allerdings nicht besonders eingegangen werden soll. Wir wollen uns auf die Schiiten und Sunniten konzentrieren.

Regionen der Sunniten und Schiiten
Grün: sunnitische Gebiete; Rot: schiitische Gebiete; Blau: Ibaditen (Oman) „Islam by country“ von Baba66, NNW (talk)Before changing this file, please look at the detailed information provided in its source code. – Eigenes Werk, Data from CIA World Factbook, ca. 2005. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Wie du bereits auf der Karte erahnen kannst, sind die Sunniten deutlich in der Überzahl.

Schätzungen gehen weltweit von 1,3 bis 1,4 Milliarden Sunniten aus. Dagegen sieht die Zahl der Schiiten mit 150-200 Millionen sehr klein aus.

Bevor wir uns die genauen Unterschiede dieser beiden Religionsgruppen ansehen, müssen wir zunächst einmal mehr über den Islam allgemein lernen.

Der Islam

Ca. 610 nach Christus hatte der Prophet Mohammed im Alter von 40 Jahren sein erstes sogenanntes „Offenbarungserlebnis“.

Nach diesem Erlebnis begann er die neue Botschaft des Islam zu verkünden.

In der damals sehr wichtigen Stadt Mekka ist Mohammed aufgewachsen und begann dort auch damit diese Botschaft zu verkünden.

Mekka war eine der wohl wichtigsten Städte der damaligen Zeit, eine zentrale Handelsstadt.

Nach und nach hat sich um Mohammed eine kleine Gemeinschaft gebildet, die aber in Mekka auf Ablehnung (besonders der oberen Gesellschaftsschichten) stieß.

Daraufhin verließ Mohammed und seine Gemeinschaft die Stadt und wanderte nach Medina aus. Medina war damals ebenfalls eine wichtige Stadt auf der arabischen Halbinsel.

Die arabische Halbinsel, Geburtsort des Islam

Diese Auswanderung (Hidschra) der Gruppe im Jahre 622 n. Chr. markiert den Beginn der islamischen Zeitrechnung.

In Medina stieß Mohammed auf viele neue Anhänger, die er besonders durch seine zunehmende politische Autorität gewann. Er schaltete sich nämlich als Moderator zwischen verfeindete Clans und sorgte für eine Lösung der Konflikte.

Seinen Aussagen und Verhalten wurde durch „göttliche Offenbarungen“ ein noch höheres Gewicht verliehen.

Nach und nach baute er mit seinen wachsenden Anhängern eine Gemeinwesen auf, welches fast schon einem kleinen Staat glich.

Anders als zuvor, galt in diesem neuen „Staat“ nicht mehr die Loyalität zu den verschiedenen Familienclans, sondern das Bekennen zur Religion.

Bis zu dem Tod Mohammed’s im Jahre 632 n. Chr. breitete sich diese frühislamische Gemeinschaft über fast der gesamten arabischen Halbinsel aus.

Diese Ausbreitung geschah durch den Beitritt weiterer Stämme, aber auch durch militärische Eroberungen.

Selbst nach dem Ableben von Mohammed breitete sich der Islam weiter aus. Bis 750 n.Chr. war nicht nur die gesamte arabische Welt erobert, sondern auch Teile Portugals, Spaniens und Zentralasiens.

Ausbreitung des Islam
Ausbreitung des Islams bis zum Jahr 750: Ausbreitung unter Mohammed, 612-632 Ausbreitung unter den ersten drei Kalifen, 632-655 Ausbreitung unter dem Umayyaden-Kalifat 661-750

Durch den Islam wurde auch ein Teil der arabischen Kultur und Kunst nach Europa gebracht.

Der Koran

Der Koran ist die heilige Schrift des Islam, vergleichbar also mit der Bedeutung der Bibel für die Christen.

Aber der Koran setzte damals darüber hinaus die Norm für die arabische Schriftform und Sprache. Der Koran prägte also eine ganze Region noch deutlich stärker, als die Bibel.

Sie diente den Herrschern nach Mohammed als Verwaltungssprache und ist inzwischen die Amtssprache aller arabischen Ländern.

Diese gemeinsame Sprache führte dazu, dass sich verschiedene überregionale politische Bewegungen schnell ausbreiteten.

Allerdings haben haben ethnische Gruppen, wie die Barber und die Kurden ihre eigenen Sprachen bewahrt.

Der Islam war auch deshalb so wichtig in der Region, weil er als eine Art Bindeglied, die sehr unterschiedlichen Kulturen zusammenhielt.

Aber worin unterschieden sich nun die Sunniten und Schiiten?

Der Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten

Nach dem Tod Mohammeds stellte sich die Frage, wer die Gemeinschaft anführen sollte. Im siebten Jahrhundert führte dann genau diese Frage dazu, dass sich die Gemeinschaft in zwei Gruppen spaltete:

Sunniten

Die späteren Sunniten wollte damals den passenden Anführer frei bestimmen können. Die Sunniten forderten also, dass der Anführer nicht aus der Familie Mohammeds stammen musste.

Die Sunniten lehnen die Heiligenverehrung und den Märtyrerkult der Schiiten ab.

Bei den Sunniten gibt es außerdem keine verbindliche oberste Autorität.

Innerhalb der Sunniten gibt es noch die Salafisten, die die Rückkehr zum Ur-Islam anstreben. Das Ziel der Salafisten ist es einen Gottesstaat zu errichten.

Innerhalb des Salafismus ist der Wahhabismus die wichtigste ideologische Strömung. Der Wahhabismus ist in Saudi-Arabien die Staatsreligion. Das Königreich Saudi-Arabien fördert zudem mit massiven Spenden weltweit die Verbreitung des konservativen Wahhabismus.

Terrororganisationen im sunnitischen Glauben

Die wohl älteste Islamistenbewegung ist die Muslimbruderschaft. Diese wurde 1928 in Ägypten gegründet. Aus der Muslimbruderschaft gingen verschiedene Gruppierungen hervor. Darunter auch die palästinensische Hamas.

Eine der wohl bekanntesten Terrororganisationen gehört ebenfalls zum sunnitischen Glauben: Al-Kaida.

Al-Kaida heißt übersetzt so viel, wie „die Basis“ und führte unter Osama Bin Laden die Anschläge vom 11. September 2001 durch.

Einen Ableger der Al-Kaida gibt es auch in Syrien: Dschabhat al-Nusra (oder auch Al-Nusra-Front genannt).

Derzeit beherrscht aber eine andere Terrororganisation die Medien: der IS.

Die im Irak und Syrien aktive Terrororganisation hat dort ein Kalifat ausgerufen und beherrscht weite Teile der beiden Länder. 2003 wurde der IS mit dem Namen „Al-Kaida im Irak“ von Abu Mussa al-Sarkaui gegründet. Nach ISIS heißt die Organisation nun IS und wird von Abu Bakr al-Baghdadi geführt.

Auch wenn die Abstammung des IS vielleicht vermuten würde, gibt es aber einen heftigen Streit zwischen Aimin al-Sawahiri, der von Pakistan aus Al-Kaida steuert, und dem IS.

Schiiten

Die späteren Schiiten hingegen wollten, dass der Anführer aus der Familie Mohammeds stammen muss. Dabei legten sie sich auf Mohammeds Vetter Ali fest. Bei den Schiiten werden nur Nachkommen Ali’s als Oberhaupt (also Imam) anerkannt.

Weitere Glaubensgruppen der Schiiten

Doch die Schiiten spalteten sich weiter, besonders durch die Frage der Anzahl anerkannter Imame.

Imamiten

Rund 90% der Schiiten gehören den Imamiten an. Die Imamiten werden auch Zwölferschiiten genannt, denn sie erkennen zwölf Imame an. Ihrem Glaube zur Folge, gab es nach dem Tod Mohammeds zwölf Imame, die direkt von Ali abstammten. Die Väter übertrugen Ihren Söhnen jeweils Ihr Imamat. Doch der zwölfte Imam verschwand im 9. Jahrhundert nach Christus.

Die Imamiten glauben, dass der zwölfte Imam „Mahdi“ (Erlöser), irgendwann wieder auftauchen soll und dann die Welt retten wird.

Ajatollah Ruhollah Chomeini baute auf dieser Religion den Iran auf. Die Zwölferschiiten leben besonders im Iran, Irak und Libanon.

Ismailiten

Die Ismailiten werden auch Siebenerschiiten genannt. Sie erkennen nur sieben Imame an.

Ismailiten finden sich vor allem in Zentralasien, Jemen, Ostafrika und Indien.

Ein bekanntes Oberhaupt einer Ismailiten-Gruppierung ist Aga Khan. Mit seiner Stiftung unterstützt er Entwicklungshilfe-Projekte in Afrika und Asien.

Drusen

Von den Ismailiten leiten die Drusen ihre Geheimreligion ab. Die Drusen leben vor allem im Libanon, aber auch in Syrien und Israel.

Alawiten

Auch die Alawiten leiten ihre Religion Ismailiten ab. Zu den derzeit wohl bekanntesten Alawiten gehört der syrische Staatschef Baschar al-Assad. Neben Syrien finden sich auch noch viele Anhänger der Alawiten in der Türkei.

Ähnlich, wie bei den Drusen ist auch bei den Alawiten nicht viel über sie bekannt.

Infografik Unterschied Sunniten und Schiiten

In der Grafik seht ihr noch einmal die verschiedenen Religionsgruppen im Überblick.

Konflikte der Sunniten und Schiiten

Im Laufe der Zeit hat sich Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten entwickelt. Während der Iran zur Schutzmacht der Schiiten geworden ist.

Beide Länder vertreten nicht nur die Interessen unterschiedlicher Glaubensgruppen, sondern kämpfen auch um die Vorherrschaft in der Region.

Bislang war Saudi-Arabien die beherrschende Macht im Nahen Osten, was sich aber durch den Wegfall der Sanktionen gegen den Iran ändern könnte. Denn der Iran ist nicht nur ein vergleichsweise stabiles Land in der Region, sondern mit 75 Millionen Einwohner auch sehr bevölkerungsreich.

Es geht bei dem Konflikt also nicht nur im die Religion, sondern vor allem um die Vormachtstellung der Region.

Irak

Der Irak ist ein geteiltes Land. Zwar stellen die Schiiten mit rund 60% die Mehrheit der Bevölkerung dar, doch unterdrückte der frühere sunnitische Machthaber Saddam Hussein die Schiiten massiv.

Die Sunniten stellen zwar nur rund einen Drittel der Bevölkerung dar, besitzen aber gerade im Norden des Landes große Gebiete. Dort ist derzeit der IS auf dem Vormarsch, welcher die Schiiten als Ketzer verurteilt und verfolgt.

Saudi-Arabien vs. Iran

Der Iran, als Schutzmacht der Schiiten, vertritt natürlich die Interessen seiner eigenen Religion. Während Saudi-Arabien, welches mehrheitlich dem Wahhabismus folgt, die Interessen der Sunniten vertritt.

Beide Länder kämpfen um die Vorherrschaft in der Region und wollen natürlich ihren eigenen Glauben verbreiten.

Aus diesem Grund unterstützt der Iran schiitische Terroristen mit Geld und Waffen. Saudi-Arabien wiederum vertritt aus dem gleichen Grund sunnitische Terrorogranisationen, wie den IS, mit Waffen und Geld.

Beide Staaten handeln also recht ähnlich.

Vergleichbar mit den Christen, die ihren Glauben in Afrika verbreitet haben, wollen auch die Sunniten und Schiiten ihren Glauben verbreiten.

Auf die zahlreichen Konflikte in der Region gehe in den nächsten Beiträgen gesondert ein.