Naher Osten Politik

Wie der Islam die Politik des nahen Ostens bestimmt

Die imperialen Bestrebungen von Frankreich und Großbritannien im Nahen Osten führten dazu, dass muslimische Denker auf der Bildfläche erschienen. Diese waren der Meinung, dass der Islam eine Reihe von politischen und gesellschaftlichen Problemen lösen könne.

Im heutigen Saudi-Arabien trat ein Mann auf, welcher die Region ganz besonders prägen sollte: Mohammed Ibn Abd al-Wahhab (1703-1792). Al-Wahhab war der Gründer einer sehr konservativen Auslegung des sunnitschen Islam (Wahhabismus).

Er war der Meinung, dass es wichtig sei zum frühen Islam zurückzukehren. Islamische Vorschriften sollten 100-prozentig umgesetzt werden und die meisten Neuerungen wurden abgelehnt.

Aus seinem Namen leitet sich der heute in Saudi-Arabien herrschende „Wahhabismus“ ab.

Eine damals bereits mächtige Familie, die Sa’ud, sagten al-Wahhab zu, dass sie seinen Glaube beschützen und verbreiten würden. Im Gegenzug sollte al-Wahhab die Sa’ud als rechtmäßige Führer in Saudi-Arabien proklamieren.

Durch den Salafismus versucht Saudi-Arabien den Wahhabismus zu verbreiten. Denn auch der Salafismus orientiert sich an den Ur-Islam. Vorbild ist das Leben in den frühen islamischen Gemeinschaften. Salafisten suchen in den Schriften des Islam nach Regeln und Lösungen für sämtliche Lebensbereiche. Diese abgeleiteten Regeln rufen besonders bei Europäern oft Verwunderung hervor.

Die Besatzung der Sowjetunion in Afghanistan

Als die Sowjets weite Teile Afghanistans besetzten, entwickelten sich in der Region verschiedene Gruppen von Widerstandskämpfern.

Eine dieser damaligen Gruppen wurde später zu einer der bekanntesten Terrororganisation der Welt. Al-Qaida wurde 1988 von Osama Bin Laden gegründet. Die Organisation wurde aber auch von den USA massiv mit Waffen und Geld unterstützt.

Warum?

Weil die Amerikaner, erstens, die Sowjets nicht in Afghanistan sehen wollten. Zweitens es ist deutlich einfacher gewaltbereite Gruppen mit Waffen auszustatten und diese kämpfen zu lassen, als eigene Soldaten in den Krieg zu schicken. Drittens, Guerilla Krieger sind oft deutlich effektiver, als eine herkömmliche Armee.

Al-Qaida propagierte den Dschihadismus. Dschihad heißt wörtlich so viel wie „Anstrengung“ und ist eine Gewaltstrategie, die auch das Töten von Zivilisten und andere Muslime, die nicht der eigenen Glaubensvorstellung folgen, einschließt.

Dschihadisten sehen sich selbst im „heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen. Auch die Schiiten, die andere große Gruppe der Muslime, gelten bei den Dschihadisten als Ungläubige oder Abtrünnige.

Leider prägt diese verschwindend kleine Gruppe der Muslime gerade im Westen ein Bild vom gewaltsamen Islam. Doch muss immer wieder betont werden, dass die allermeisten Muslime absolut friedlich und tolerant leben!

Auch andere Islamistengruppen, wie die Muslimbruderschaft lehnen Gewalt mehrheitlich ab. Sie wollen ihre eigene Gemeinschaft nicht durch Gewalt nach vorne bringen, sondern durch Bildung, Sozialeinrichtungen und Wirtschaftsförderung weiterentwickeln. Doch sind die Muslimbrüder derzeit in Ägypten als Terrororganisation eingestuft und verboten.

Weitere Hintergründe zu dem Umsturz in Ägypten und den Muslimbrüdern werde ich in der nächsten Zeit recherchieren und in Beiträgen hier im Blog teilen.

Islamischer Modernismus

Jamal ad-Din al-Afghani (1839-1887) und Mohammed Abdul (1849-1905) waren beide Vertreter des islamischen Modernismus. Beide versuchten die islamischen Quellen neu zu interpretieren und die Regeln und Vorschriften an ihre Zeit anzupassen.

Denn al-Afghani und Abdul versuchten ihre Region gegen die europäischen Kolonialmächte zu stärken. Die Kolonialmächte waren dem Nahen Osten nämlich ökonomisch, politisch und militärisch sehr überlegen.

Ihr Ziel war es nun die westlichen Neuerungen wie Militärwesen, Demokratie und moderne Wissenschaft mit dem Islam in Einklang zu bringen. Nur so wäre es möglich, so glaubten sie, den Nahen Osten gegenüber den Westen zu stärken.

Nach dem ersten Weltkrieg dehnten die Briten und Franzosen ihren Einfluss im Nahen Osten aus. Nun besetzten sie auch die ostarabischen Staaten und förderten massiv die jüdische Besiedlung Palästinas und die Staatsgründung Israels.

Dies war natürlich ganz und gar nicht im Interesse der Muslime, die in Palästina zurückgedrängt und unterdrückt wurden. Mit der Gründung Israels wurde der jüdische Glauben in der Region gefestigt und besonders die Gebiete Palästinas bedroht. Noch heute tobt der Konflikt zwischen Palästina und Israel.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhundert konnten die meisten arabischen Staat ihre Unabhängigkeit erlangen. Zunächst übernahmen in vielen der Länder nationalistische und sozialistische Regime die Macht.

Sie herrschten allerdings oft autoritär und konnten ihre Versprechen von Freiheit, Gerechtigkeit, Fortschritt und wirtschaftlichen Aufstieg nicht erfüllen.

Einmischung westlicher Staaten

Wobei man auch sagen muss, dass rückblickend die autoritären Führungen die Länder stabilisierten. Schaut man sich beispielsweise Libyen an, dessen Führer Muammar al-Gaddafi, sicherlich ein Diktator war, der aber dennoch für Stabilität sorgte. Nach den Angriffen Frankreichs und dem Tod Gaddafis geht das Land allerdings im Chaos unter.

Auch wenn uns Europäer die arabischen Systeme oft befremdlich vorkommen, so dürfen nicht glauben, dass wir diesen Ländern unsere Werte und unser System aufzwingen dürfen. Dieser Fehler führt zu Krieg, Zerstörung, Verelendung und Hunger. Beispiele hierfür gibt es viele, die ich demnächst ausführlich vorstellen werde.

Die Einmischung des Westens führte dazu, dass sich viele Muslime bedroht fühlen. Es kam zur Bildung von islamistischen Gruppen, die die von dem Westen (bzw. Sowjetunion) unterstützten „korrupten“ Regierungen verurteilten und einen Zerfall moralischer Werte sahen.

Viele Länder des Nahen Ostens wollten weder zum Westen noch zum Osten gehören. „Weder West noch Ost“ lautete ein Spruch während der iranischen Revolution von 1979.

Mit der iranischen Revolution wurde zum ersten mal ein islamisches politisches System in der Neuzeit aufgebaut. Die Islamische Republik Iran entstand. Dieser schiitischer Staat stellt das Gegengewicht zu dem sunnitischen Staat Saudi-Arabien dar.

Bis im Jahre 2011 der sogenannte „Arabische Frühling“ die Region nachhaltig veränderte, blieben sunnitisch-islamistische Parteien in den meisten arabischen Ländern verboten oder unter Kontrolle der Regierung.

Die Muslimbruderschaft beteiligte sich in Tunesien, Ägypten und Marokko an Protesten gegen die autokratischen Herrscher der Länder. Besonders die Muslimbruderschaft, aber auch andere islamistische Gruppen genießen hohes Ansehen in der Region, weil sie sich oftmals sozial engagieren und als Reformer angesehen werden.

Sehr konservativen Gruppen, wie den Salafisten, ist eine Veränderung der Traditionen ein Dorn im Auge. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die vielen unterschiedlichen radikalen und gemäßigten Gruppen verhalten werden, aber auch wie der Westen, durch seine oftmals radikale Politik im Nahen Osten, die Region verändern wird.

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