Befreiung von der Kolonialherrschaft im Nahen Osten

Zwar gab es inzwischen einige arabische Staaten, die formal Unabhängig waren, doch in der Realität hatten die Kolonialmächte noch immer einen sehr hohen Einfluss.

Der Umsturz in Ägypten

Der 23. Juli 1952 markierte den Anfang vom Ende für die französischen und britischen Machthaber in der Region. An diesem Datum stürzte nämlich eine Gruppe „Freier Offiziere“ den pro-britischen König Faruq in Ägypten.

Mit diesem Umsturz wurde eine neue Phase, um den Kampf der nationalen Unabhängigkeit, eingeleitet.

In anderen arabischen Ländern kam es ebenfalls zu neuen nationalistischen Bewegungen. So waren es meist Vertreter der unteren Mittelschichten, oftmals Militärs, welche die Befreiungsbewegung massiv unterstützten.

Suezkanal

Oberst Gamal Abdel Nasser (Gründer der „Freien Offiziere“) schaffte es, 1954 den Rückzug britischer Truppen aus der Suezkanalzone zu erzwingen. Am 26. Juli 1956 verstaatlichte er die Suezkanalgesellschaft. Diese wurde zuvor von Großbritannien und Frankreich betrieben.

Der Suezkanals spielte damals, wie auch heute, eine extrem wichtige Rolle. Denn er verkürzt des Seeweg zwischen Asien und Europa enorm. Bevor es den Suezkanal gab, mussten die Schiffe um Afrika herum fahren.

Er spielt also für den Handel eine extrem wichtige Rolle. Kein Wunder, dass Frankreich und Großbritannien die Kontrolle über den Kanal nicht so leicht hergeben wollten.

Die Suezkanalgesellschaft war außerdem ein Symbol für die westliche Beherrschung Ägyptens. Hierdurch hatte die Verstaatlichung auch einen großen symbolischen Charakter.

Um die Einnahmen der Suezkanalgesellschaft und die strategische Bedeutung des zentralen Transportweges nicht zu verlieren, mussten die Kolonialmächte etwas tun.

Suezkrise

Am 31. Oktober 1956 begannen französische und britische Truppen damit, die Kanalzone zu besetzen. Zwei Tage zuvor hatte Israel bereits (unter Absprache mit London und Paris) einen Angriff auf Ägypten begonnen. Hiermit entstand die sogenannte Suezkrise.

Israel konnte innerhalb weniger Tage die Sinaihalbinsel und den Gazastreifen einnehmen. Israel, Großbritannien und Frankreich wurden umgehend nach dieser Aktion von der Sowjetunion bedroht, da die Sowjetunion ggf. auf Seiten Ägyptens militärisch eingreifen werde.

Sinaihalbinsel auf der Karte

Auch die USA setzten sich in der UN dafür ein, dass die israelischen, britischen und französischen Truppen abgezogen wurden.

Erst schien es ein militärischer Erfolg für Israel zu werden. Doch letztlich war besonders Ägypten Profiteur, da es so die Kolonialmächte endgültig aus seinem Land vertreiben konnte. Auch der Suezkanal war wieder unter Kontrolle Ägyptens.

Nach der Suezkrise wurde die israelisch-ägyptische Grenze von bewaffneten UN-Friedenstruppen gesichert.

Weitere Profiteurer dieser Entwicklung waren die Sowjetunion und die USA. Beide Länder konnten den Einfluss von Frankreich und Großbritannien in der Region schwächen.

Mit diesem zweiten Nahostkrieg ging die Epoche der Kolonialherrschaft langsam zu Ende. Die arabischen Nationalisten waren selbstbewusster geworden und wehrten sich entschieden gegen die Briten und Franzosen.

Neue Akteure im Nahen Osten

Zwar verschwanden zwei Akteure im Nahen Osten immer mehr, doch kamen auch zwei neue Akteure hinzu. Die USA und die Sowjetunion begannen damit ihre Interessen im Nahen Osten zu vertreten. Denn auch sie erkannten die Bedeutung der Region.

Zwei Supermächte standen sich nun Gegenüber. Hiermit begann der „Kalte Krieg“. Dieser Konflikt sollte von nun an den Nahen Osten nachhaltig prägen.

Die Amerikaner und die Russen versuchten Länder im Nahen Osten unter ihrer Kontrolle zu bekommen. Es kam hierdurch zu einem neuen Kolonialisierungprozess in der Region. Wenn man so will, wurden die Briten und Franzosen von den beiden neuen Supermächten abgelöst.

Bereits 1955 kam es zu einem wichtigen Militärbündnis. Dem Bagdad-Pakt traten Großbritannien, Irak, Iran, Pakistan, Türkei und die USA (offiziell nur Beobachterstatus) bei.

Die Sowjetunion hingegen positionierte sich auf Seiten der arabischen Freiheitsbewegung. Diese Positionierung der Sowjetunion trieb auch viele arabische Führer in die Arme der Sowjetunion.

Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist die Eisenhower-Doktrin. Der ehemalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower (regierte 1953-1961) erklärte diese Doktrin am 5. Januar 1957. Hier verkündete er, dass die USA an jedem Ort und mit allen Mittel (also auch Nuklear!) prowestliche Regime vor kommunistischer Unterwanderung oder einer Bedrohung durch die Sowjetunion schützen werde.

Die Doktrin fand auch in der Realität Anwendung. So wurde im April 1957 der jordanische König Hussein der Erste vor der Opposition mithilfe einer US-Flotte geschützt. Ein zweites Mal wurde die Doktrin in der Libanonkrise 1958 angewendet, als US-Truppen den Sturz des prowestlichen christlichen Staatspräsidenten Camille Chamoun verhinderten.

Diese Doktrin war äußerst aggressiv und auch kontraproduktiv. Als der sowjetische Ministerpräsident Nikita S. Chruschtschow die USA besuchte, hob Eisenhower seine Doktrin 1959 auf. Stattdessen gab er der Koexistenz beider Machtblöcke den Vorzug.

Bis zum Ende des Kalten Krieges prägte der Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion die Geschehnisse des Nahen Ostens stark.

Vollständige Souveränität für weitere arabische Staaten

Ägypten diente den anderen arabischen Staaten als Vorbild bei der Erlangung vollständiger Souveränität.

Am 14. Juli 1958 folgten irakische „Freie Offiziere“ dem Vorbild Ägyptens und stürzten die probritische Monarchie. Nun proklamierten diese eine irakische Republik und wiesen britische Militärs aus.

In Nordafrika hatte Libyen, als ehemalige italienische Kolonie, schon 1951 die Unabhängigkeit erlangt. 1956 folgten dann noch Tunesien und Marokko.

In Algerien gab es bereits seit 1954 einen blutigen Kolonialkrieg. Dieser Kolonialkrieg war wohl einer der blutigsten im Nahen Osten. Frankreich betrachtete Algerien als Teil des „Mutterlandes“ und wollte seine Kolonie auf keinen Fall verlieren.

Erst 1962, nach 8 Jahren Krieg, schaffte es Algerien seine Souveränität zu erlangen.

Saudi-Arabien ist zwar schon seit 1932 souverän, doch gab es auf der arabischen Halbinsel noch einige kleinere britische Kolonie. Hier machte 1961 Kuwait den Anfang und erklärte seine Unabhängigkeit.

Die europäische Kolonialgeschichte endete mit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Arabischen Emirate am 2. Dezember 1971.

Die Gründung Israels – Konflikte und Reaktionen im Nahen Osten

Schon lange wollten die Juden in Palästina einen eigenen Staat gründen. Natürlich lehnten die Bewohner Palästinas, wie auch die Araber im Nahen Osten, diese Pläne strikt ab.

Balfour-Deklaration als Grundstein für die Errichtung des Staates Israel

Mit der sogenannten Balfour-Deklaration von 1917 konnte die „Zionistische Weltorganisation“ einen großen Erfolg feiern. Der Zionismus ist die Bewegung von Juden einen eigenen Staat in Palästina zu errichten.

Die Balfour-Deklaration ist die Erklärung vom britischen Außenminister Arthur James Balfour, dass seine Regierung die Errichtung einer „jüdischen Heimstatt“ in Palästina unterstütze. Diese wurde am 2. November 1917 verkündet.

1897 wurde in Basel die „Zionistische Weltorganisation“ gegründet, die mit internationaler Unterstützung einen eigenen Staat errichten wollte. Doch die Organisation fand lange Zeit keine Unterstützung.

Denn lange gehörte Palästina zum Osmanischen Reich, welches wenig Verständnis für die Interessen der Zionisten hatte.

Auch bei den europäischen Staaten trafen die zionistischen Bestrebungen auf wenig Unterstützung, denn die jüdische Bevölkerung in Mittel- und Westeuropa hatte wenig Interesse in Palästina einen eigenen Staat zu gründen.

Stellt sich nun die Frage, warum die britische Regierung letztlich so stark für den neuen Staat Israel gekämpft hat?

Zum einen wollten die Briten ab 1916 die USA zum Kriegseintritt auf Seiten der Entente (Großbritannien, Frankreich, Russland) bewegen. Sie versuchten die starke jüdische Gemeinschaft in den USA durch die Balfour-Deklaration für sich zu gewinnen. So sollten die USA dazu gebracht werden, an der Seite der Entente, in den ersten Weltkrieg einzutreten.

Außerdem spielte der Nahe Osten als wichtiger geostrategischer Brückenkopf eine zunehmend wichtiger werdende Rolle. Zum einen ist der Nahe Osten die Brücke nach Indien, eine der wichtigsten Kolonien des British Empire. Zum anderen spielte das Erdöl in der Region eine immer wichtiger werdende Bedeutung.

Paris und London wussten, dass der Nahe Osten eine wichtige Region werden wird. Nicht ohne Grund haben sich beide Länder in dem Sykes-Picot-Abkommen auf eine Aufteilung der Region geeinigt.

Den Briten wurde in diesem Abkommen unter anderem Palästina zugesprochen. In der zionistischen Bewegung sahen sie einen natürlichen Verbündeten, der ihnen bei der Durchsetzung der britischen Interessen in der Region helfen könne.

Dies wusste auch die mehrheitlich arabische Bevölkerung in Palästina, die befürchtete Bürger zweiter Klasse zu werden. Denn sie glaubten, dass die jüdischen Mitbewohner von den Briten deutlich bevorzugt werden.

Mit diesem Glauben lagen die Araber in Palästina leider nicht falsch. So hatte die britische Mandatsverwaltung ehemalige Ländereien preisgünstig an jüdische Siedler verkauft.

Hierdurch wurde das freiverfügbare Ackerland knapper, die Bodenpreise stiegen, was einige arabische Grundbesitzer zum Verkauf ihrer Ländereien veranlasste. Auch diese Ländereien wurden in der Regel an jüdische Siedler verkauft und die für den Ackerbau nutzbare Fläche wurde immer geringer. Ein Teufelskreis.

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland flohen viele Juden aus Deutschland und Europa. Zwischen 1933 und 1939 wanderten offiziell 176.000 Juden nach Palästina ein.

Durch diese starke Einwanderung verschob sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Nun machen die Araber nicht mehr 90% der Bevölkerung (1922) aus, sondern nur noch 70% (1936).

Kampf gegen den Staat Israel als religiösen Kampf

Der oberste islamische Rechtsgelehrte von Jerusalem, der Großmufti Harsch Amin al-Husseini, wurde zum wohl radikalsten Führer im Kampf gegen den Staat Israel.

Al-Husseini stellte den Kampf gegen die Juden als einen religiösen Kampf dar. Er schaffte es, viele Araber von dieser Vorstellung zu überzeugen.

In den 1930er-Jahren kam es zu den ersten blutigen Ausschreitungen und Übergriffe auf jüdische Siedlungen. Aber auch Angriffe auf zivile und militärische Einrichtungen nahmen deutlich zu.

Im November 1935 forderte der Großmufti von der britischen Besatzungsmacht, dass die jüdische Einwanderung und der Landverkauf an jüdische Siedler gestoppt werden muss.

Ab April 1936 setzte er sich auch für eine nationale Unabhängigkeit Palästinas ein und rief am 19. April einen sechsmonatigen Generalstreik aus.

Zur Streikleitung wurde ein „Arabisches Hochkomitee“ gegründet, welches unter der Führung al-Husseinis stand. Aus dem Streik wurde ein gewaltvoller Aufstand. Es kam zu Anschläge gegen jüdische und britische Einrichtungen und Sicherheitskräfte. Doch jüdische paramilitärische Verbände schlugen zurück.

Am 30. Juli 1936 erklärten die Briten das Kriegsrecht.

Aufständische wurden inhaftiert, teilweise sogar hingerichtet und ihr Besitz beschlagnahmt oder zerstört.

Zwischenzeitlich gab es verschiedene Vermittlungsversuche, die aber leider alle scheiterten. Mitte 1937 eskalierte der Aufstand erneut. In der Reaktion darauf haben die Briten das „Arabische Hochkomitee“ verboten. Al-Husseini floh in den Libanon.

Obwohl ihr religiöser Führer sich in den Libanon geflüchtet hatte, gingen die Kämpfe weiter. Die Briten haben 20.000 weitere Truppen in Palästina stationiert. Die jüdischen paramilitärischen Kämpfer wuchsen unterdessen auf 15.000 an.

Gemeinsam mit den paramilitärischen Kämpfern konnten die Briten im Herbst 1938 die Kontrolle über Palästina wiederherstellen.

Großbritanniens Politik gegenüber Palästina und der arabische Aufstand führten dazu, dass sich die gesamte arabische Unabhängigkeitsbewegung radikalisierte.

Verschiedenste Gruppen bzw. Staaten im Nahen Osten fanden Einigkeit darin, die arabischen Palästinenser zu unterstützen. Auch lehnten sie die Gründung Israels vehement ab. In diesen beiden Fragen war die die Arabische Welt also einig und fand so einen gemeinsamen Nenner, der in eine neue Phase des arabischen Nationalismus führte.

Besonders der Antizionismus (also der Kampf gegen die Staatsgründung Israes) führte zur Einigkeit in der arabischen Welt.

Die Gründung der Arabischen Liga

Die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich waren im zweiten Weltkrieg längerfristig geschwächt und konzentrierten sich nach 1945 auf die wichtigsten Kolonien.

Hierdurch konnten bereits 6 Staaten formal selbständig werden:

  • Ägypten
  • Irak
  • Transjordanien
  • Libanon
  • Saudi-Arabien
  • Syrien

Diese 6 Staaten gründeten am 22. März 1945 in Kairo die „Arabische Liga“. Kurze Zeit später, im Mai 1945, trat auch Jemen der arabischen Liga bei.

Nach der Charta der arabischen Liga gehören diese Staaten einem Beratungs- und Nichtangriffspakt an. Zudem wird die einzelstaatliche Souveränität aller Mitglieder geachtet. Es geht also um die Sicherung einer arabischen Staatenvielfalt. Doch wurde am Rande auch auf das Fernziel, eines gesamtarabischen Staates, hingewiesen.

Ein zentraler Grund, warum die arabische Liga gegründet wurde, hängt mit dem Palästinakonflikt zusammen. So sollte die Organisation dafür sorgen, dass der Staat Israel in Palästina nicht gegründet wird.

 

Arabische Liga Mitgliedsstaaten
Arab League member states (orthographic projection)“ by Rob984 – Derived from File:Libya on the globe (North Africa centered).svg. Licensed under CC BY-SA 4.0 via Commons.

Gründung des Staates Israel

Nach Ende des zweiten Weltkrieges waren nicht mehr länger die Briten Herrscher über Palästina. Die Briten haben ihr Mandat an die Vereinigten Nationen übergeben.

Am 29. November 1947 nahm die UN-Vollversammlung mit der Resolution 181 einen Teilungsplan für Palästina an. Hierdurch wurde das Land in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufgeteilt. Der Großraum Jerusalem sollte unter internationale Kontrolle gestellt werden.

Während die jüdische Bevölkerung diesen Plan mehrheitlich unterstützte, lehnten die arabischen Führer ihn strikt ab.

Am 14. März 1948 wurde der Staat Israel unter seinem ersten Premierminister David Ben Gurion gegründet.

Bereits am nächsten Tag erklärte die arabische Liga dem neuen Staat den Krieg. Hiermit begann der erste Nahostkrieg. Ägyptische, syrische, jordanische, libanesische und irakische Truppen marschierten nun in Israel ein.

Doch die beteiligten arabischen Länder wollten die anderen arabischen Staaten jeweils an der Besetzung Palästinas hindern. Denn jenes Land, welches Israel einnimmt, würde einen deutlichen Machtzuwachs in der Region erfahren.

Dieses umkoordiniertes Handeln, aber auch die antiquierten militärischen Strukturen führten dazu, dass der Angriff schnell versandete. Am 1. Juni 1948 trat auf Druck der UN ein Waffenstillstand in Kraft.

Diesen Waffenstillstand nutzte Israel, um sich für auf weitere Kampfphase besser vorzubereiten. Im Gegensatz zu den arabischen Truppen waren die israelischen Einheiten oft besser ausgebildet und bewaffnet.

Zwar gab es ein Waffenembargo der UN, doch durfte Israel mit Zustimmung der Sowjetunion Waffen aus osteuropäischen Beständen kaufen. Hierdurch konnten die Israelis sehr effektive Waffen (für die damalige Zeit) zu guten Preisen kaufen.

Zwischen Oktober 1948 und Januar 1949 führten mehrere Offensiven Israels zu einer herben Niederlage der arabischen Angreifer.

Am 24. Februar 1949 schloss Ägypten einen Waffenstillstand, dem schlossen die sich die anderen arabischen Staaten bis zum Juli an.

Interessanterweise konnte Israel bis zum Ende des Krieges ein größeres Gebiet beherrschen, als noch zuvor. Denn zuvor wurde Israel ein Gebiet auf Basis des UN-Teilungsplan von 1947 zugesprochen. Nun allerdings konnte Israel jedoch über ein größeres Gebiet herrschen.

Anschließend kam es zu Waffenstillstandverhandlungen. Hier wurde unter Vermittlung der UN die Westbank der Verwaltung Jordaniens und der Gazastreifen Ägypten unterstellt.

Westbank oder Westjordanland
Westbank oder Westjordanland in Israel (bzw. Palästina)
Gazastreifen in Israel bzw. Palästina
Karte Gazastreifen“ von Lencer – own work, used:UNOSAT, Situation Map-Gaza CrisisUN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Gaza-Strip Overview MapSpiegel Online, Bastionen Israels im GazastreifenMinimap made with Israel location map.svg by User:NordNordWest. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Die arabischen Staaten erkannten diese neuen Grenzen natürlich nicht an. Die USA, Frankreich und Großbritannien traten allerdings als Garantiemächte für Israel auf.

Dieser erste Nahostkrieg blieb bei den Arabern in schlechter Erinnerung. Schließlich konnte der Staat Israel gegründet werden und große Teile der palästinensischen Bevölkerung wurden vertrieben.

Bei des Israelis wird der erste Nahostkrieg 1948/49 allerdings als „Unabhängigkeitkrieg“ gefeiert.

Wieder waren es die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich, die wohl zu Recht als Feinde der arabischen Politik wahrgenommen wurden. Die Kolonialmächte setzten sich einseitig für die Interessen Israels ein. Es kam zu einer erneuten Zuspitzung des Kampfes gegen die Kolonialherrschaft.

Die einheimischen Eliten der Araber haben im Nahostkrieg völlig versagt. Hierdurch würde auch ihre Legitimität von weiten Teilen der Bevölkerung angezweifelt. Die Eliten im eigenen Land wurden als unfähige Handlanger der Kolonialmächte angesehen.

Die Eliten wurden zu Feinden der Nationalbewegung!

Geschichte des Nahen Ostens – nach dem ersten Weltkrieg…

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der osmanische Sultan Oberhaupt der meisten Einwohner des Nahen Ostens und Nordafrikas. Als Kalif war er für viele Einwohner zugleich auch der religiöse Führer.

In dieser Zeit führte ein gemeinsamer Herrscher dazu, dass sich erste Ansätze von arabischen Nationalgefühl entwickelten. Viele Menschen des Nahen Ostens wollten vor allem, dass der Westen ihre Kultur anerkennt. So sollte zum Beispiel das Arabische zur Amtssprache werden.

Ausdehnung des Osmanischen Reiches um 1900
Osmanische Reich um 1900

Ausbruch des ersten Weltkriegs

Dann brach der erste Weltkrieg aus. Die Entente (Großbritannien, Frankreich, Russland) und die Mittelmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich) kämpften 1914 bis 1918 gegeneinander.

Der Sultan rief in seiner Funktion als Kalif 1914 zum „Heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen auf. Damit waren besonders Großbritannien und Frankreich gemeint, aber auch Russland.

London war daraufhin auf der Suche nach einer starken Persönlichkeit, welche die Muslime von dem Aufruf des Kalifen abhalten konnte. Diese Persönlichkeit fanden die Briten in Form vom Scherifen Hussein. Er stammte aus der Propheten-Familie der Badi Haschim (Haschimiten).

Unter der Führung des Scherifen sollten die Araber zum offenen Aufstand gegen die Osmanen bewegt werden. Dieser Aufstand brach einige Zeit später, im Juni 1916, aus und konnte die Nachschub- und Verbindungslinie der Osmanen auf der arabischen Halbinsel erheblich beeinträchtigen.

Die Briten versprachen dem Scherifen, als Gegenleistung für die erhebliche militärische Unterstützung, einen unabhängigen arabischen Staat. Dieser sollte nach dem Sieg über die Osmanen aufgebaut werden.

Durch den Aufstand der Araber reichten die Osmanen am 30. Oktober 1918 ihre Kapitulation ein. Die aufständischen Araber freuten sich, denn sie glaubten nun einen eigenen Staat zu erhalten.

Doch kein eigener Staat: das Sykes-Pivot-Abkommen

Großbritannien hatte sich mit Frankreich längst anders geeinigt und die Aufteilung des Osmanischen Reiches beschlossen.

Schon am 16. Mai 1916 einigten sich der britische Diplomat Mark Sykes und sein französischer Kollege George Picot, die arabischen Provinzen des osmanischen Reiches in Form von Einflusszonen untereinander aufzuteilen. Das sogenannte Sykes-Pivot-Abkommen. Hier ein Link zur britisch-französischen Gebietsaufteilung 1916.

Der britische Außenminister Arthur James Balfour erklärte außerdem, dass Großbritannien die Errichtung eines jüdisches Staates in Palästina unterstützen werden. Etwas, was den Araber natürlich ganz und gar nicht gefiel.

Diese beiden Abkommen wurden aber aus einem guten Grund geheim gehalten. Schließlich wurden durch dieses Abkommen alle Zusagen mit den Arabern gebrochen!

Voll Dreistigkeit hatte die britische Regierung, gemeinsam mit der Französischen, eine Erklärung abgegeben, die den „von den Türken unterdrückten Völkern“, nach dem Sieg über das Osmanische Reich, Souveränität zugestand.

Interessanterweise sorgte die Oktoberrevolution in Russland 1917 dafür, dass die britisch-französischen Geheimpläne enthüllt wurden. Denn die Bolschewiken wollten die „verbrecherischen“ Pläne des gestürzten Zaren und seiner „imperialistischen Helfershelfer“ offenbaren.  So öffneten die Bolschewiken die geheimen Staatsarchive.

In den geheimen Archiven fanden sie dann eine Kopie des Sykes-Picot-Abkommens, welches im Januar 1918 an die Öffentlichkeit gelangte.

Marionetten-Regierungen

Doch die Neuigkeit von dem Sykes-Picot-Abkommens gelangte damals nicht allzu schnell in den Nahen Osten. Schließlich gab es nur ein schlecht ausgebautes Kommunikationsnetz.

Faisal, der Sohn des Scherifen Hussein, hatte im Oktober 1918 noch keine Kenntnis von dem Abkommen. Zu dieser Zeit marschierte er mit seinen arabischen Truppen und der verbündeten britischen Orientarmee in Damaskus ein.

Nach der Einnahme wollte er Damaskus zur Hauptstadt, des nun zu errichtenden arabischen Reiches, machen. Am 5. Oktober 1918 ernannte er einen Direktorenrat. Dieser Direktorenrat war praktisch eine provisorische Regierung.

Nach dem Sykes-Picot-Abkommens wurde Syrien Frankreich zugesprochen. Am 22. Oktober 1918 zogen sich die britischen Truppen also aus Syrien zurück. Mit dem Rückzug der britischen Truppen kamen jetzt allerdings die französischen Soldaten.

Am 1. November 1919 war der Aufbau französischer Soldaten in Syrien abgeschlossen. Nun musste Faisal und seine arabische Nationalbewegung einsehen, dass sie von den Briten betrogen wurden.

Die arabische Nationalbewegung befürchtete nun eine europäisch-westliche Regierung, welche die osmanische Herrschaft ersetzen sollte.

Eine solche Regierung lehnten die Bewohner des gesamten Nahen Ostens strikt ab. Es kam zu Protesten in der gesamten arabischen Welt. Im Irak, Syrien, Ägypten bis Marokko kämpften die Menschen gegen die koloniale Unterdrückung.

Zwar konnten die Franzosen und Briten diese Proteste zunächst blutig niederschlagen, doch mussten sie einsehen, dass sie jegliches Vertrauen der Menschen in der Region verspielt hatten.

Die Unruhen in der Region, die Machtübernahme Lenins in Russland und die Anstrengungen des US-Präsidenten Woodrow Wilson gegen koloniale Bestrebungen, brachten Paris und London zum Einlenken.

Am 20. April 1920 wurden in San Remo Mandate verhandelt, welche die Unabhängigkeit der Länder vorbereiten sollten. Durch diese Mandate erfolgte eine Aufteilung Syriens in die folgenden drei Teile:

  • Palästina,
  • Libanon
  • Rest-Syrien

Palästina fiel, genauso wie die nördlichen Teile des Iraks, unter das britische Mandat. Rest-Syrien und Libanon befanden sich unter französischen Einflusses.

Für Faisal blieb in dieser Konstellation aber leider kein Platz. Am 28. Juli 1920 verlor er südlich von Damaskus gegen französische Truppen und floh daraufhin ins italienische Exil.

Einige Zeit später, am 21. August 1921 ernannte London Faisal zum König des Irak. Während Faisal zum König des Irak ernannt wurde, machten die Briten seinen Bruder Abdullah zum Herrscher über Transjordanien.

Ihr Vater, Scherif Hussein, musste vor dem Begründer des modernen Saudi-Arabiens kapitulieren. Ibn Sa’ud konnte seine Herrschaft gegen Scherif Hussein verteidigen.

Faisal und Abdullah waren aber nicht mehr als Marionettenregime, die sich der britischen Regierung unterzuordnen hatten.

Der Irak und Ägypten erreichten durch solche Marionettenregime zwar eine formelle Unabhängigkeit bereits vor dem zweiten Weltkrieg, doch tatsächlich waren sie keine unabhängigen Staaten.

Islamismus oder Nationalismus

Das Osmanische Reich galt lange Zeit als Beispiel dafür, dass der Islam ein überlegener Glaube sei. Viele Jahrhunderte florierte das Osmanische Reich und konnte sich enorm ausbreiten.

Doch im 19. Jahrhundert wurde deutlich, dass der Westen (besonders Europa) der islamischen Gesellschaft deutlich überlegen war. Wirtschaftlich, technologisch, militärisch und wissenschaftlich war Europa der Gesellschaft des Osmanischen Reiches deutlich voraus.

Die Menschen im Nahen Osten fragten sich, wie es dazu kommen konnte. Schließlich war der Nahe Osten im Mittelalter die führende Kultur in zahlreichen Bereichen. Im 19. Jahrhundert allerdings geriet die Region immer mehr ins Hintertreffen.

Viele Gläubige erklärten diesen Phänomen damit, dass die Menschen die Wurzeln des Islam vergessen haben. Zudem übernahmen sie islamfremde Elemente aus anderen Kulturen.

Solche Mahnungen von Gläubigen kennt man nicht nur aus dem Islam, auch Gläubige des Christentums waren in Vergangenheit Veränderungen gegenüber wenig aufgeschlossen und verbreiteten schnell das Ende der Welt.

Die Meinung, dass man sich wieder auf die Wurzeln des Islam besinnen müsse, fand in Teilen der Bevölkerung viel Zustimmung.

In Saudi-Arabien konnte sich so der Wahhabismus entwickeln, der auch heute noch Staatsreligion des Landes ist.

Weiter im Westen, in Libyen, prägte Mohammed as-Senussi das Land. Er gründete 1837 die Bruderschaft Senussija, welche seit dem den Islam in Libyen prägt.

Der Wahhabismus, wie auch die Bruderschaft Senussija, forderten die Rückkehr zum Ur-Islam. Der Islam sollte so gelebt werden, wie zu Zeiten des Propheten und der ersten vier Kalifen.

Andere Gelehrte, wie Gamal ad-Din al-Afghani und Mohammed Abduh, bauten zwar auf diese Vorstellung auf, entwickelten sie aber noch weiter.

Ihrer Meinung nach war der Grund, warum die islamische Gesellschaft dem Westen hinterherhinkte, die Nachahmung des Gewohnten, der alten Traditionen.

Man sollte die Dinge im Islam nicht einfach unkritisch übernehmen, sondern hinterfragen und Neuinterpretieren. Während es Leuten, wie al-Afghani und Abduh, darum ging des Islam zu reformieren und an die neue Realität anzupassen, lehnten dies as-Senussi und der Wahhabismus strikt ab.

Zwischen den beiden Extremen der Reformer und ultra-konservativen trat Raschid Rida (1865-1935) auf die Bildfläche. Nach seinen Erfahrungen mit dem Kolonialismus, war er der Meinung, dass nur ein islamisches politisches System in der Lage sei die Probleme der Muslime zu lösen.

Mit dieser Idee legte er den Grundstein für den politisches Islam.

In der Bevölkerung fand seine Idee durchaus Anhänger, denn es gab viele Menschen, die glaubten, dass der Islam politischer werden und sich an die heutige Zeit anpassen sollte.

Im Koran wird von der Errichtung einer „gerechten islamischen Ordnung“ gesprochen. Diese Ordnung sollte nicht länger eine Utopie darstellen, sondern Realität werden.

Auch Hassan al-Banna vertrat diese Meinung, als er 1928 die Muslimbruderschaft gründete.

Nationalismus im Kampf gegen den Kolonialismus

Besonders aber der arabische Nationalismus bestärkte den Kampf gegen die kolonialistischen Bestrebungen Europas.

Die Kolonialmächte zogen willkürliche Grenzen und erschufen damit neue Territorialstaaten auf dem Land des ehemaligen Osmanischen Reiches. Bei dieser Grenzziehung wurden regionale Gruppen und Gesellschaften nicht beachtet, was natürlich die Gründung eines funktionierenden Staates kaum möglich machte.

Viele Araber träumten von einem großen gemeinsamen und souveränen arabischen Staat. Doch die willkürliche Grenzziehung förderte einen regionalen Nationalismus. So bildete sich besonders in Ägypten, Syrien und Algerien eine Nationalistische-Bewegung.

Die Kolonialmächte halfen außerdem regionalen Eliten an die Macht. Diese neuen Machthaber hatten natürlich kein Interesse daran, ihre Macht für einen neuen gemeinsamen arabischen Staat aufzugeben.

Die von London und Paris an die Macht gebrachten Eliten, wollte ihre Macht festigen und förderten den Nationalismus, anstatt die Idee eines großen arabischen Reiches.

Zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg kam es so zu zwei wichtigen Einstellungen in der arabischen Bevölkerung.

Erstens stieg der Westen (besonders die Kolonialmächte) zum Feindbild Nummer eins auf.

Zweitens kämpften die Araber nicht mehr um einen großen arabischen Staat, sondern um ihre regionale Unabhängigkeit Ihres Staates, dessen Grenzen allerdings von den Kolonialmächten gezogen wurden.