Geschichte des Nahen Ostens – nach dem ersten Weltkrieg…

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der osmanische Sultan Oberhaupt der meisten Einwohner des Nahen Ostens und Nordafrikas. Als Kalif war er für viele Einwohner zugleich auch der religiöse Führer.

In dieser Zeit führte ein gemeinsamer Herrscher dazu, dass sich erste Ansätze von arabischen Nationalgefühl entwickelten. Viele Menschen des Nahen Ostens wollten vor allem, dass der Westen ihre Kultur anerkennt. So sollte zum Beispiel das Arabische zur Amtssprache werden.

Ausdehnung des Osmanischen Reiches um 1900
Osmanische Reich um 1900

Ausbruch des ersten Weltkriegs

Dann brach der erste Weltkrieg aus. Die Entente (Großbritannien, Frankreich, Russland) und die Mittelmächte (Deutschland, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich) kämpften 1914 bis 1918 gegeneinander.

Der Sultan rief in seiner Funktion als Kalif 1914 zum „Heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen auf. Damit waren besonders Großbritannien und Frankreich gemeint, aber auch Russland.

London war daraufhin auf der Suche nach einer starken Persönlichkeit, welche die Muslime von dem Aufruf des Kalifen abhalten konnte. Diese Persönlichkeit fanden die Briten in Form vom Scherifen Hussein. Er stammte aus der Propheten-Familie der Badi Haschim (Haschimiten).

Unter der Führung des Scherifen sollten die Araber zum offenen Aufstand gegen die Osmanen bewegt werden. Dieser Aufstand brach einige Zeit später, im Juni 1916, aus und konnte die Nachschub- und Verbindungslinie der Osmanen auf der arabischen Halbinsel erheblich beeinträchtigen.

Die Briten versprachen dem Scherifen, als Gegenleistung für die erhebliche militärische Unterstützung, einen unabhängigen arabischen Staat. Dieser sollte nach dem Sieg über die Osmanen aufgebaut werden.

Durch den Aufstand der Araber reichten die Osmanen am 30. Oktober 1918 ihre Kapitulation ein. Die aufständischen Araber freuten sich, denn sie glaubten nun einen eigenen Staat zu erhalten.

Doch kein eigener Staat: das Sykes-Pivot-Abkommen

Großbritannien hatte sich mit Frankreich längst anders geeinigt und die Aufteilung des Osmanischen Reiches beschlossen.

Schon am 16. Mai 1916 einigten sich der britische Diplomat Mark Sykes und sein französischer Kollege George Picot, die arabischen Provinzen des osmanischen Reiches in Form von Einflusszonen untereinander aufzuteilen. Das sogenannte Sykes-Pivot-Abkommen. Hier ein Link zur britisch-französischen Gebietsaufteilung 1916.

Der britische Außenminister Arthur James Balfour erklärte außerdem, dass Großbritannien die Errichtung eines jüdisches Staates in Palästina unterstützen werden. Etwas, was den Araber natürlich ganz und gar nicht gefiel.

Diese beiden Abkommen wurden aber aus einem guten Grund geheim gehalten. Schließlich wurden durch dieses Abkommen alle Zusagen mit den Arabern gebrochen!

Voll Dreistigkeit hatte die britische Regierung, gemeinsam mit der Französischen, eine Erklärung abgegeben, die den „von den Türken unterdrückten Völkern“, nach dem Sieg über das Osmanische Reich, Souveränität zugestand.

Interessanterweise sorgte die Oktoberrevolution in Russland 1917 dafür, dass die britisch-französischen Geheimpläne enthüllt wurden. Denn die Bolschewiken wollten die „verbrecherischen“ Pläne des gestürzten Zaren und seiner „imperialistischen Helfershelfer“ offenbaren.  So öffneten die Bolschewiken die geheimen Staatsarchive.

In den geheimen Archiven fanden sie dann eine Kopie des Sykes-Picot-Abkommens, welches im Januar 1918 an die Öffentlichkeit gelangte.

Marionetten-Regierungen

Doch die Neuigkeit von dem Sykes-Picot-Abkommens gelangte damals nicht allzu schnell in den Nahen Osten. Schließlich gab es nur ein schlecht ausgebautes Kommunikationsnetz.

Faisal, der Sohn des Scherifen Hussein, hatte im Oktober 1918 noch keine Kenntnis von dem Abkommen. Zu dieser Zeit marschierte er mit seinen arabischen Truppen und der verbündeten britischen Orientarmee in Damaskus ein.

Nach der Einnahme wollte er Damaskus zur Hauptstadt, des nun zu errichtenden arabischen Reiches, machen. Am 5. Oktober 1918 ernannte er einen Direktorenrat. Dieser Direktorenrat war praktisch eine provisorische Regierung.

Nach dem Sykes-Picot-Abkommens wurde Syrien Frankreich zugesprochen. Am 22. Oktober 1918 zogen sich die britischen Truppen also aus Syrien zurück. Mit dem Rückzug der britischen Truppen kamen jetzt allerdings die französischen Soldaten.

Am 1. November 1919 war der Aufbau französischer Soldaten in Syrien abgeschlossen. Nun musste Faisal und seine arabische Nationalbewegung einsehen, dass sie von den Briten betrogen wurden.

Die arabische Nationalbewegung befürchtete nun eine europäisch-westliche Regierung, welche die osmanische Herrschaft ersetzen sollte.

Eine solche Regierung lehnten die Bewohner des gesamten Nahen Ostens strikt ab. Es kam zu Protesten in der gesamten arabischen Welt. Im Irak, Syrien, Ägypten bis Marokko kämpften die Menschen gegen die koloniale Unterdrückung.

Zwar konnten die Franzosen und Briten diese Proteste zunächst blutig niederschlagen, doch mussten sie einsehen, dass sie jegliches Vertrauen der Menschen in der Region verspielt hatten.

Die Unruhen in der Region, die Machtübernahme Lenins in Russland und die Anstrengungen des US-Präsidenten Woodrow Wilson gegen koloniale Bestrebungen, brachten Paris und London zum Einlenken.

Am 20. April 1920 wurden in San Remo Mandate verhandelt, welche die Unabhängigkeit der Länder vorbereiten sollten. Durch diese Mandate erfolgte eine Aufteilung Syriens in die folgenden drei Teile:

  • Palästina,
  • Libanon
  • Rest-Syrien

Palästina fiel, genauso wie die nördlichen Teile des Iraks, unter das britische Mandat. Rest-Syrien und Libanon befanden sich unter französischen Einflusses.

Für Faisal blieb in dieser Konstellation aber leider kein Platz. Am 28. Juli 1920 verlor er südlich von Damaskus gegen französische Truppen und floh daraufhin ins italienische Exil.

Einige Zeit später, am 21. August 1921 ernannte London Faisal zum König des Irak. Während Faisal zum König des Irak ernannt wurde, machten die Briten seinen Bruder Abdullah zum Herrscher über Transjordanien.

Ihr Vater, Scherif Hussein, musste vor dem Begründer des modernen Saudi-Arabiens kapitulieren. Ibn Sa’ud konnte seine Herrschaft gegen Scherif Hussein verteidigen.

Faisal und Abdullah waren aber nicht mehr als Marionettenregime, die sich der britischen Regierung unterzuordnen hatten.

Der Irak und Ägypten erreichten durch solche Marionettenregime zwar eine formelle Unabhängigkeit bereits vor dem zweiten Weltkrieg, doch tatsächlich waren sie keine unabhängigen Staaten.

Islamismus oder Nationalismus

Das Osmanische Reich galt lange Zeit als Beispiel dafür, dass der Islam ein überlegener Glaube sei. Viele Jahrhunderte florierte das Osmanische Reich und konnte sich enorm ausbreiten.

Doch im 19. Jahrhundert wurde deutlich, dass der Westen (besonders Europa) der islamischen Gesellschaft deutlich überlegen war. Wirtschaftlich, technologisch, militärisch und wissenschaftlich war Europa der Gesellschaft des Osmanischen Reiches deutlich voraus.

Die Menschen im Nahen Osten fragten sich, wie es dazu kommen konnte. Schließlich war der Nahe Osten im Mittelalter die führende Kultur in zahlreichen Bereichen. Im 19. Jahrhundert allerdings geriet die Region immer mehr ins Hintertreffen.

Viele Gläubige erklärten diesen Phänomen damit, dass die Menschen die Wurzeln des Islam vergessen haben. Zudem übernahmen sie islamfremde Elemente aus anderen Kulturen.

Solche Mahnungen von Gläubigen kennt man nicht nur aus dem Islam, auch Gläubige des Christentums waren in Vergangenheit Veränderungen gegenüber wenig aufgeschlossen und verbreiteten schnell das Ende der Welt.

Die Meinung, dass man sich wieder auf die Wurzeln des Islam besinnen müsse, fand in Teilen der Bevölkerung viel Zustimmung.

In Saudi-Arabien konnte sich so der Wahhabismus entwickeln, der auch heute noch Staatsreligion des Landes ist.

Weiter im Westen, in Libyen, prägte Mohammed as-Senussi das Land. Er gründete 1837 die Bruderschaft Senussija, welche seit dem den Islam in Libyen prägt.

Der Wahhabismus, wie auch die Bruderschaft Senussija, forderten die Rückkehr zum Ur-Islam. Der Islam sollte so gelebt werden, wie zu Zeiten des Propheten und der ersten vier Kalifen.

Andere Gelehrte, wie Gamal ad-Din al-Afghani und Mohammed Abduh, bauten zwar auf diese Vorstellung auf, entwickelten sie aber noch weiter.

Ihrer Meinung nach war der Grund, warum die islamische Gesellschaft dem Westen hinterherhinkte, die Nachahmung des Gewohnten, der alten Traditionen.

Man sollte die Dinge im Islam nicht einfach unkritisch übernehmen, sondern hinterfragen und Neuinterpretieren. Während es Leuten, wie al-Afghani und Abduh, darum ging des Islam zu reformieren und an die neue Realität anzupassen, lehnten dies as-Senussi und der Wahhabismus strikt ab.

Zwischen den beiden Extremen der Reformer und ultra-konservativen trat Raschid Rida (1865-1935) auf die Bildfläche. Nach seinen Erfahrungen mit dem Kolonialismus, war er der Meinung, dass nur ein islamisches politisches System in der Lage sei die Probleme der Muslime zu lösen.

Mit dieser Idee legte er den Grundstein für den politisches Islam.

In der Bevölkerung fand seine Idee durchaus Anhänger, denn es gab viele Menschen, die glaubten, dass der Islam politischer werden und sich an die heutige Zeit anpassen sollte.

Im Koran wird von der Errichtung einer „gerechten islamischen Ordnung“ gesprochen. Diese Ordnung sollte nicht länger eine Utopie darstellen, sondern Realität werden.

Auch Hassan al-Banna vertrat diese Meinung, als er 1928 die Muslimbruderschaft gründete.

Nationalismus im Kampf gegen den Kolonialismus

Besonders aber der arabische Nationalismus bestärkte den Kampf gegen die kolonialistischen Bestrebungen Europas.

Die Kolonialmächte zogen willkürliche Grenzen und erschufen damit neue Territorialstaaten auf dem Land des ehemaligen Osmanischen Reiches. Bei dieser Grenzziehung wurden regionale Gruppen und Gesellschaften nicht beachtet, was natürlich die Gründung eines funktionierenden Staates kaum möglich machte.

Viele Araber träumten von einem großen gemeinsamen und souveränen arabischen Staat. Doch die willkürliche Grenzziehung förderte einen regionalen Nationalismus. So bildete sich besonders in Ägypten, Syrien und Algerien eine Nationalistische-Bewegung.

Die Kolonialmächte halfen außerdem regionalen Eliten an die Macht. Diese neuen Machthaber hatten natürlich kein Interesse daran, ihre Macht für einen neuen gemeinsamen arabischen Staat aufzugeben.

Die von London und Paris an die Macht gebrachten Eliten, wollte ihre Macht festigen und förderten den Nationalismus, anstatt die Idee eines großen arabischen Reiches.

Zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg kam es so zu zwei wichtigen Einstellungen in der arabischen Bevölkerung.

Erstens stieg der Westen (besonders die Kolonialmächte) zum Feindbild Nummer eins auf.

Zweitens kämpften die Araber nicht mehr um einen großen arabischen Staat, sondern um ihre regionale Unabhängigkeit Ihres Staates, dessen Grenzen allerdings von den Kolonialmächten gezogen wurden.

Wie der Islam die Politik des nahen Ostens bestimmt

Die imperialen Bestrebungen von Frankreich und Großbritannien im Nahen Osten führten dazu, dass muslimische Denker auf der Bildfläche erschienen. Diese waren der Meinung, dass der Islam eine Reihe von politischen und gesellschaftlichen Problemen lösen könne.

Im heutigen Saudi-Arabien trat ein Mann auf, welcher die Region ganz besonders prägen sollte: Mohammed Ibn Abd al-Wahhab (1703-1792). Al-Wahhab war der Gründer einer sehr konservativen Auslegung des sunnitschen Islam (Wahhabismus).

Er war der Meinung, dass es wichtig sei zum frühen Islam zurückzukehren. Islamische Vorschriften sollten 100-prozentig umgesetzt werden und die meisten Neuerungen wurden abgelehnt.

Aus seinem Namen leitet sich der heute in Saudi-Arabien herrschende „Wahhabismus“ ab.

Eine damals bereits mächtige Familie, die Sa’ud, sagten al-Wahhab zu, dass sie seinen Glaube beschützen und verbreiten würden. Im Gegenzug sollte al-Wahhab die Sa’ud als rechtmäßige Führer in Saudi-Arabien proklamieren.

Durch den Salafismus versucht Saudi-Arabien den Wahhabismus zu verbreiten. Denn auch der Salafismus orientiert sich an den Ur-Islam. Vorbild ist das Leben in den frühen islamischen Gemeinschaften. Salafisten suchen in den Schriften des Islam nach Regeln und Lösungen für sämtliche Lebensbereiche. Diese abgeleiteten Regeln rufen besonders bei Europäern oft Verwunderung hervor.

Die Besatzung der Sowjetunion in Afghanistan

Als die Sowjets weite Teile Afghanistans besetzten, entwickelten sich in der Region verschiedene Gruppen von Widerstandskämpfern.

Eine dieser damaligen Gruppen wurde später zu einer der bekanntesten Terrororganisation der Welt. Al-Qaida wurde 1988 von Osama Bin Laden gegründet. Die Organisation wurde aber auch von den USA massiv mit Waffen und Geld unterstützt.

Warum?

Weil die Amerikaner, erstens, die Sowjets nicht in Afghanistan sehen wollten. Zweitens es ist deutlich einfacher gewaltbereite Gruppen mit Waffen auszustatten und diese kämpfen zu lassen, als eigene Soldaten in den Krieg zu schicken. Drittens, Guerilla Krieger sind oft deutlich effektiver, als eine herkömmliche Armee.

Al-Qaida propagierte den Dschihadismus. Dschihad heißt wörtlich so viel wie „Anstrengung“ und ist eine Gewaltstrategie, die auch das Töten von Zivilisten und andere Muslime, die nicht der eigenen Glaubensvorstellung folgen, einschließt.

Dschihadisten sehen sich selbst im „heiligen Krieg“ gegen die Ungläubigen. Auch die Schiiten, die andere große Gruppe der Muslime, gelten bei den Dschihadisten als Ungläubige oder Abtrünnige.

Leider prägt diese verschwindend kleine Gruppe der Muslime gerade im Westen ein Bild vom gewaltsamen Islam. Doch muss immer wieder betont werden, dass die allermeisten Muslime absolut friedlich und tolerant leben!

Auch andere Islamistengruppen, wie die Muslimbruderschaft lehnen Gewalt mehrheitlich ab. Sie wollen ihre eigene Gemeinschaft nicht durch Gewalt nach vorne bringen, sondern durch Bildung, Sozialeinrichtungen und Wirtschaftsförderung weiterentwickeln. Doch sind die Muslimbrüder derzeit in Ägypten als Terrororganisation eingestuft und verboten.

Weitere Hintergründe zu dem Umsturz in Ägypten und den Muslimbrüdern werde ich in der nächsten Zeit recherchieren und in Beiträgen hier im Blog teilen.

Islamischer Modernismus

Jamal ad-Din al-Afghani (1839-1887) und Mohammed Abdul (1849-1905) waren beide Vertreter des islamischen Modernismus. Beide versuchten die islamischen Quellen neu zu interpretieren und die Regeln und Vorschriften an ihre Zeit anzupassen.

Denn al-Afghani und Abdul versuchten ihre Region gegen die europäischen Kolonialmächte zu stärken. Die Kolonialmächte waren dem Nahen Osten nämlich ökonomisch, politisch und militärisch sehr überlegen.

Ihr Ziel war es nun die westlichen Neuerungen wie Militärwesen, Demokratie und moderne Wissenschaft mit dem Islam in Einklang zu bringen. Nur so wäre es möglich, so glaubten sie, den Nahen Osten gegenüber den Westen zu stärken.

Nach dem ersten Weltkrieg dehnten die Briten und Franzosen ihren Einfluss im Nahen Osten aus. Nun besetzten sie auch die ostarabischen Staaten und förderten massiv die jüdische Besiedlung Palästinas und die Staatsgründung Israels.

Dies war natürlich ganz und gar nicht im Interesse der Muslime, die in Palästina zurückgedrängt und unterdrückt wurden. Mit der Gründung Israels wurde der jüdische Glauben in der Region gefestigt und besonders die Gebiete Palästinas bedroht. Noch heute tobt der Konflikt zwischen Palästina und Israel.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhundert konnten die meisten arabischen Staat ihre Unabhängigkeit erlangen. Zunächst übernahmen in vielen der Länder nationalistische und sozialistische Regime die Macht.

Sie herrschten allerdings oft autoritär und konnten ihre Versprechen von Freiheit, Gerechtigkeit, Fortschritt und wirtschaftlichen Aufstieg nicht erfüllen.

Einmischung westlicher Staaten

Wobei man auch sagen muss, dass rückblickend die autoritären Führungen die Länder stabilisierten. Schaut man sich beispielsweise Libyen an, dessen Führer Muammar al-Gaddafi, sicherlich ein Diktator war, der aber dennoch für Stabilität sorgte. Nach den Angriffen Frankreichs und dem Tod Gaddafis geht das Land allerdings im Chaos unter.

Auch wenn uns Europäer die arabischen Systeme oft befremdlich vorkommen, so dürfen nicht glauben, dass wir diesen Ländern unsere Werte und unser System aufzwingen dürfen. Dieser Fehler führt zu Krieg, Zerstörung, Verelendung und Hunger. Beispiele hierfür gibt es viele, die ich demnächst ausführlich vorstellen werde.

Die Einmischung des Westens führte dazu, dass sich viele Muslime bedroht fühlen. Es kam zur Bildung von islamistischen Gruppen, die die von dem Westen (bzw. Sowjetunion) unterstützten „korrupten“ Regierungen verurteilten und einen Zerfall moralischer Werte sahen.

Viele Länder des Nahen Ostens wollten weder zum Westen noch zum Osten gehören. „Weder West noch Ost“ lautete ein Spruch während der iranischen Revolution von 1979.

Mit der iranischen Revolution wurde zum ersten mal ein islamisches politisches System in der Neuzeit aufgebaut. Die Islamische Republik Iran entstand. Dieser schiitischer Staat stellt das Gegengewicht zu dem sunnitischen Staat Saudi-Arabien dar.

Bis im Jahre 2011 der sogenannte „Arabische Frühling“ die Region nachhaltig veränderte, blieben sunnitisch-islamistische Parteien in den meisten arabischen Ländern verboten oder unter Kontrolle der Regierung.

Die Muslimbruderschaft beteiligte sich in Tunesien, Ägypten und Marokko an Protesten gegen die autokratischen Herrscher der Länder. Besonders die Muslimbruderschaft, aber auch andere islamistische Gruppen genießen hohes Ansehen in der Region, weil sie sich oftmals sozial engagieren und als Reformer angesehen werden.

Sehr konservativen Gruppen, wie den Salafisten, ist eine Veränderung der Traditionen ein Dorn im Auge. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die vielen unterschiedlichen radikalen und gemäßigten Gruppen verhalten werden, aber auch wie der Westen, durch seine oftmals radikale Politik im Nahen Osten, die Region verändern wird.

Saudi-Arabien und der Wahhabismus

Nur wenige Länder auf der Welt haben zwei so unterschiedliche Seiten. Durch die riesigen Erdöl-Vorräte des Landes, konnte Saudi-Arabien aus dessen Erlösen eine hochmoderne Wirtschaft aufbauen. Saudi-Arabien verkauft sein Erdöl in die ganze Welt und zeigt sich hier sehr offen, wenn es um Geschäftsbeziehungen geht.

Aber andererseits ist Saudi-Arabien auch sehr verschlossen und gilt als extrem konservativ, denn der Wahhabismus ist in dem Land Staatsreligion.

Wollen wir uns zunächst einmal die Geschichte Saudi-Arabiens näher anschauen.

Geschichte Saudi-Arabiens

Im Jahre 1932 gelang es der Familie Sa’ud unter ihrem Oberhaupt Abd al-Aziz, zum dritten mal seit dem 18. Jahrhundert, einen Zentralstaat auf der Halbinsel zu errichten.

Im Jahre 1744 sicherte sein Vorfahre und Dynastiegründer dem islamischen Reformer Mohammed Ibn Abd al-Wahhab zu, seine Religionsauslegung als einzig Richtige anzunehmen.

Von nun an bemühte sich die Familien diese Religionsauslegung zu schützen und zu verbreiten.

Mohammed Ibn Abd al-Wahhab war somit der Gründer des nach ihm benannten Wahhabismus.

Al-Wahhab gründete seine Religion auf die extrem konservativen Schriften des islamischen Gelehrten Ibn Taimiya (1236-1328). Taimiya forderte die Rückkehr zum ursprünglichen Glauben.

Nur was im Koran und der Sunna steht, sei seinen Aussagen nach legitim. In der Sunna werden verschiedene religiöse Normen für Muslime beschrieben.

Seiner Meinung nach sollten diese Regeln besonders in den Städten Mekka und Median gelten. Beide Städte gelten als die Bedeutendsten für Muslime.

Damit Al-Wahhab sein Vorhaben verwirklichen konnte, benötigte er Hilfe. Diese fand er in Form der Familie Al Sa’ud und war bereit der Familie bei Ihren Expansionsbestrebungen zu unterstützen.

Von da an proklamierte Al-Wahhab die Al Sa’ud als die einzig rechtmäßige Herrscherfamilie. Während die Al Sa’ud im Gegenzug den Wahhabismus beschützen und verbreiten.

Bis heute kann die Familie auf die Unterstützung der hohen Geistlichen setzen. Die Geistlichen sind zwar kaum in der Alltagspolitik aktiv, bestimmen aber wichtige Inhalte der Gesetzgebung. Zudem überwachen sie die Einhaltung der wahhabitischen Normen.

In Saudi-Arabien gilt aus dieser geschichtlichen Vergangenheit der Koran und die Sunna offiziell als Verfassung. Besonders für die Sunniten spielt Saudi-Arabien außerdem eine wichtige Rolle, als „Hüter der Heiligen Stätten“ Mekka und Medina.

Fluch und Segen: Zwischen Tradition und Moderne

Der Anspruch der Sa’ud das Land zu führen, ergibt sich aus der Einhaltung des Wahhabismus. Aus diesem Grund sind alle Könige der Familie darauf angewiesen, dass die Geistlichen und auch die Untertanen sehen, dass die Königsfamilie ihren Glauben beschützt.

Das Königshaus möchte zum einen Saudi-Arabien zu einem weltoffeneren Staat machen, denn gerade wirtschaftlich profitiert das Land von der Globalisierung enorm. Dennoch darf die Kritik der Geistlichen an das Königshaus nicht zunehmen, da so die Grundlage der Macht der Sa’ud schwindet.

Schwierig gestaltet sich für die Königsfamilie auch Beziehungen zu Nicht-Muslimen zu pflegen. So töten die Amerikaner im großen Stil Muslime im Kampf gegen den Terror und gleichzeitig macht Saudi-Arabien Geschäfte mit den USA.

Vielen Gläubigen in Saudi-Arabien ist diese ein Dorn im Auge. Hieraus sind verschiedene Terrororganisationen entstanden, die genau gegen jenen Westen kämpfen, der die Sunnitische Kultur verdrängen möchte.

So stammten 15 der 19 Attentäter am 11. September 2001 aus Saudi-Arabien und auch der damalige Anführer der Al-Kaida, Osama Bin Laden, war ein Saudi.

Neben der sehr Gläubigen Bevölkerung gibt es in Saudi-Arabien auch einen Teil der Gesellschaft, denen die Abkehr vom konservativen Glauben viel zu langsam von Statten geht.

Privatunternehmer, Manager, Techniker und Spezialisten der Erdölindustrie fordern einen moderneren Staat mit mehr bürgerlichen Freiheiten. Denn so können sie selbst mehr Geld verdienen.

Eine schwierige Situation also für die Sa’ud, wenn sie allen Gruppen der komplexen Gesellschaft gerecht werden wollen.

Eigenarten in Saudi-Arabien

Diese widersprüchlichen Ansichten führen zu verschiedenen Eigenarten. So gibt es in Saudi-Arabien die Mutauwa, eine Sittenpolizei, die islamkonformes Verhalten in der Öffentlichkeit kontrolliert.

Frauen werden in dem Land zudem kaum Rechte zugesprochen und bei vielen Dingen müssen die Männer, als Vormund der Frau, ihr Einverständnis geben.

Im Gegensatz dazu ist der technische Fortschritt auch in Saudi-Arabien angekommen. So ist das Land besondern in der Kommunikation und Infrastruktur auf einem sehr hohen Niveau.

Saudi-Arabien als Führungsmacht im Nahen Osten

Saudi-Arabien selbst sieht sich als Führungsmacht im Nahen Osten und kann dabei besonders auf die Unterstützung der USA zählen. Die USA wiederum sind massiv von der Erdölexporten der Scheichs angewiesen.

Nach dem Tod Abdullah’s ist nun seit dem 23. Januar 2015 Salman ibn Abd al-Aziz König und Premierminister Saudi-Arabiens. Es bleibt abzuwarten, wie Salman den Spagat zwischen Tradition und Moderne schafft.

Abdullah hat es geschafft Saudi-Arabien behutsam zu einem bedeutenden und moderneren Staat zu entwickeln, ohne die Unterstützung der Geistlichen zu verlieren.

Wie du sehen konntest, ist die Herrscherfamilie in Saudi-Arabien sehr abhängig vom Wahhabismus. König Salman muss beweisen, dass er die Unterstützung der Geistlichen behält und gleichzeitig Saudi-Arabien gesellschaftlich und wirtschaftlich weiterentwickeln kann.